Es geht nicht um Liebe, wenn junge, sehr junge Frauen zur Heirat gewungen werden. Die Opfer schweigen, um nicht noch mehr Gewalt ertragen zu müssen. Doch es gibt erste Versuche, die Mauer des Schweigens um Zwangsehen aufzubrechen.

Wien, 1.3.2006 - der Standart - ein Bericht von der gebürtigen Türkin Seher Cakir, welche zur Zeit als freie Journalistin und Autorin in Wien lebt und arbeitet.

"Die Ehe darf nur auf Grund der freien und vollen Willenseignung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden"

So steht es im Artikel 16 Absatz 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Es mag unvorstellbar sein, dass es im 21. Jahrhundert noch Menschen gibt, für die dieser Satz nicht gültig ist - ja, dass er auch in Österreich - und in den anderen "zivilisierten" Ländern der Erde - nicht das Papier wert ist, auf der er geschrieben steht.

Wie viele junge Frauen in Österreich gezwungen sind, gegen ihren Willen zu heiraten, ist unbekannt. Wiens Frauenstadträtin Sonja Wesely kündigte im Standard - Gespräch an, eine Studie erstellen zu lassen: "Wir müssen wissen, welche Dimension das hat."

Wer ist betroffen? Die Gesellschaft, in denen Mädchen gezwungen werden, einen Mann zu heiraten, betrachtet die FRau als Eigentum. Die Jungfräulichkeit ist sehr wichtig und wird als "Ehre" gesehen, welche es zu beschützen gilt. Damit das Mädchen nicht "Schande" über die Familie bringt, wird es so früh als möglich verheiratet. Dadurch soll verhindert werden, dass das Mädchen Sexualität vor der Ehe erfährt.

Die betroffenen Mädchen kommen meist aus aus Famlien mit türkischem, albanischem, indischem, pakistanischem oder arabischem Background. Viele von Ihnen sind inzwischen Österreichsche Staatsbürgerinnen und meist noch minderjährig.Die Hochzeit findet deshalb häufig in der "alten Heimat" statt - auch wenn dies etwa in der Türkei inzwischen gesetzlich (auf dem Papier) verboten ist.

In Österreich wurde vergangene Woche im Ministerrat eine Strafrechtsänderungsgesetz eingebracht, mit dem Zwangsheirat zum Offizialdelikt werden. Bisher mußte die zur Ehe genötigte Frau selbst Anzeige erstatten, künftig kann jeder eine bevorstehende oder vollzogene Zwangsheirat anzeigen.

Eine junge Österreicherin hat die Zwangsheirat zum Thema ihres ersten Theaterstückes gemacht. Jasmin Austin ist 19 Jahre alt und gehört nicht zur gefährdeten Frauengruppe. Das Theaterstück wird von Schülern und Schülerinnen gespielt. Augustin, die auch auf der Bühne zu sehen ist, führt Regie.

Mit der Unterstützung von www.proFrau.at , einer Plattform für Frauenrechte gegen Diskriminierung und der "Orientexpress" Beratungsstelle www.orientexpress-wien.at für Migrantinnen, realisierte sie ihr Vorhaben. Das Stück "Ich heirate, wen ich will" hatte am 20. Dez. 2005 im Wiener Amerlinghaus Premiere. "Ich habe mich immer für dieses Thema interessiert", sagt die junge Frau "und ich wollte aktiv dagegen etwas machen."

Nach einigen Recherchen im Internet kam sie zu www.proFrau.at . Der Verein nutzt moderne Medien wie das Internet und den Film, um jede Form der Diskreminierung in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. "Wir sind dann zum Orientexpress www.orientexpress-wien.at gegangen, da dies im Momemt die einzigste Beratungsstelle zu diesem Thema ist. Ich wollte nicht mehr 'nur' lesen darüber - ich wollte etwas bewirken" ergänzt Jasmin.

"Mit dem Reinerlös des Abens wird eine Aufklärungsbroschüre finanziert und man kann uns auch gerne engagieren. Wir gehen in Schuln und auch anderen Institutionen" schildert die engagierte junge Frau. "Wir wollen Mädchen und Frauen motivieren, für ihr Recht auf ein freies und selbstbestimmtes Leben zu kämpfen!"

Der Verein Orientexpress www.orientexpress-wien.at hilft und informiert unter anderem von der Zwangsheirat betroffene Mädchen. Melten Weiland berichtet: "Im Jahr 2004 hatten wir etwa 184 Anfragen und 28 Fälle, zwei davon junge Männer, für die es überhaupt keine Anlaufstelle gibt. Auch Jugendberatungsstellen sollten in diesem Bereich Beratung für Burschen anbieten.

Der Verein bietet auch Krisenintervention und hilft bei Bedarf in Rechtsfragen - etwa beim beim organisieren von Anwälten bei Scheidung oder Eheannulierung. Astrid Stireßnig vom Orientexpress www.orientexpress-wien.at : "Betroffene leben mit und unter uns. Viele Mädchen können in der Öffentlichkeit aus Angst darüber nicht reden. Wenn sie es doch tun, nehmen Sie sie ernst, wenn Sie so etwas hören."

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Die Ehen von Asiaten u.a. werden häufig noch von den Eltern arrangiert - enden diese mit einer Scheidung, gilt das in indischen, pakistanischen und anderen Völkern als Schande.

Um den von ihrer traditionellen Gesellschaft ausgestossenen Beteiligten zu zweiten Partnern zu helfen, hat der selbst zum zweiten Mal verheiratete Sam Samra die Internetseite www.AsianDivorcee.com gegründet. Binnen zwei Wochen haben sich schon mehr als 2000 Geschiedene gemeldet, die unter ihren Schicksalsgefährten - diesesmal selbstbestimmt - einen Ehepartner suchen.

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